Wilhelm Gratopp betreut die Mühle in Stove unweit des Salzhaffs.

Mecklenburg-Vorpommern Die Holländermühle Stove - ein windkraftbetriebenes Denkmal

Stand: 20.05.2024 09:18 Uhr

Windmühlen wie die in Stove sind die ältesten naturkraftgetriebenen Maschinen der Welt. Immer am Pfingstmontag möchte der Deutsche Mühlentag auf diese einzigartigen Bauwerke aufmerksam machen.

Von Franziska Drewes

Windstill ist es an diesem Vormittag in Stove, nicht weit vom Salzhaff im Landkreis Nordwestmecklenburg. Die roten Flügel der Holländermühle drehen sich gerade nicht. Dennoch ist das historische Bauwerk, das auf dem Mühlenberg in Stove steht, nicht zu übersehen. Wilhelm Gratopp hält einen überdimensional großen Eisenschlüssel in der Hand und öffnet die Tür zur Mühle. Direkt dahinter, am Eingang, hängt ein altes Schild. Darauf steht: Glück zu. "Das ist der Spruch der Müller. Wenn wir 'tschüß' sagen oder uns verabschieden, dann sagen wir 'Glück zu'", erklärt Wilhelm Gratopp. Der Landwirt engagiert sich seit 2009 im Mühlenverein Stove.

Rostocker Mühlenbauer errichtet Wahrzeichen

In der Mühle von Stove riecht es wie in längst vergangenen Zeiten. Das liegt am verbauten Holz. An einer Wand hängt eine Original-Bauzeichnung. "Dieses Holzgerüst wurde in Rostock zusammengebaut. Dann haben die Balken eine Nummer bekommen. Das Gerüst wurde wieder auseinandergebaut und hier in Stove wieder zusammengebaut. Danach wurden die Mauern hochgezogen und das Dach ringsherum.“ Wilhelm Gratopp zeigt gern Besuchern das technische Denkmal. Es wurde 1889 in Rostock von der Mühlenbaufirma Hofwolt konstruiert, als eine der letzten Holländermühlen, die windabhängig mit Steinen mahlen. Auftraggeber war der damalige Müller Johannes Tiedemann. Seine alte Mühle, eine Bockwindmühle, war in die Jahre gekommen.

Stove hält Müllerhandwerk am Leben

Wilhelm Gratopp wurde 2009 Bürgermeister der Gemeinde Boiensdorf, zu der auch das Dorf Stove gehört. Damals trat er in den Mühlenverein ein, wurde dessen Vorsitzender und ist es bis heute. Stolz führt er Besucher durch das historische Gebäude, das seit 1991 der Gemeinde gehört. "Das ist meine Heimat. Ich wohne im Nachbarort Boiensdorf. Wir wollen unser Wahrzeichen erhalten. Und das ist die Aufgabe des Vereins. Das Entscheidende für mich ist, dass diese Mühle komplett erhalten ist, mit allem, wie es damals war.“ Zum Verein gehören neben der Mühle auch das Museum, das Backhaus und das Toilettenhaus.

Backtradition bewahren

Bis 1976 war die Mühle in Stove in Betrieb. Dann hörte der damals 67-jährige Müllermeister Hans Mirr, der zugleich Bäcker war, altersbedingt auf. Aber bis heute kann die Mühle Getreide mahlen. Das Korn stammt heute wie damals von Landwirten aus der Region. Wilhelm Gratopp lässt Weizen in den Trichter rieseln. Ein Elevator befördert die Körner bis nach oben unters Dach. Über ein Rohrsystem wird das Getreide zum Mühlenstein geleitet und fällt dann gemahlen in einen Sack. "Manchmal kommen auch Privatleute vorbei, die Hühner und Enten haben. Für die schroten wir dann auch Weizen, weil die Tiere das so besser verwerten können." Aus hygienischen Gründen darf der Mühlenverein sein gemahlenes Getreide nicht mehr verbacken.

Backstube lädt zum Verweilen ein

Dennoch wird ein paar Meter weiter auf der anderen Straßenseite das traditionelle Bäckerhandwerk aufrechterhalten. Dort befindet sich das Mühlenmuseum und ein Lehmbackofen. Heike Tutlys zieht gerade einen Apfelstreuselkuchen heraus. Sie backt grundsätzlich mit Roggen- und Weizensauerteig, knetet ihn selbst, kreiert eigene Brötchen- und Kuchenrezepte. "Ich möchte die alte Tradition aufrechterhalten, um auch auf die äußeren Zwänge unserer Vorfahren aufmerksam zu machen. Und dazu zählen Freud und Leid. Früher gab es auch Hungersnöte." Und so wurde oft auch aus wenigen Zutaten das Brot für die Familie gebacken.

Mühlenverein bietet Führungen an

Wilhelm Gratopp hofft, dass heute am Deutschen Mühlentag ausreichend Wind weht, damit sich die roten Flügel in Stove bis in den Abend drehen können. Er und der ehemalige Museumsmüller Manfred Zinke wollen gern zeigen, wie die Holländermühle Getreide schrotet. Beide hoffen auf zahlreiche Besucher. Denn auch sie sorgen mit ihrem Eintritt dafür, dass die Mühle erhalten werden kann.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 20.05.2024 | 12:00 Uhr